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Präambel Von 1946

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Präambel Von 1946
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Am Tage nach dem Siege, den die freien Völker über die Regierungen davongetragen haben, die versucht hatten, die menschliche Persönlichkeit zu unterjochen und herabzuwürdigen, verkündet das französische Volk von neuem, dass jeder Mensch ohne Unterschied der Rasse, der Religion oder des Glaubens unveräußerliche und heilige Rechte besitzt. Es bestätigt feierlich erneut die Rechte und Freiheiten des Menschen und Bürgers, die durch die Erklärung der Menschenrechte von 1789 verankert worden sind, und die wesentlichen Grundsätze, die durch die Gesetze der Republik anerkannt sind.

Es verkündet außerdem als unserer Zeit besonders nötig die nachstehenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Grundsätze:

Das Gesetz sichert der Frau in allen Bereichen die gleichen Rechte wie dem Manne zu.

Jedermann, der auf Grund seiner Tätigkeit für die Freiheit verfolgt wird, hat in den Gebieten der Republik Asylrecht.

Jeder hat die Pflicht zu arbeiten, und das Recht, eine Anstellung zu erhalten. Niemand darf in seiner Arbeit oder seiner Tätigkeit auf Grund seiner Abstammung, seiner Überzeugung oder seines Glaubens geschädigt werden.

Jedermann kann seine Rechte und seine Interessen durch gewerkschaftliche Tätigkeit verteidigen und sich einer Gewerkschaft seiner Wahl anschließen.

Das Streikrecht wird im Rahmen der Gesetze, die es regeln, ausgeübt.

Jeder Arbeiter nimmt durch die Vermittlung seiner Vertreter an der gemeinschaftlichen Festsetzung der Arbeitsbedingungen sowie an der Verwaltung der Unternehmen teil.

Jedes Vermögen, jedes Unternehmen, dessen Bereich die Eigenschaft einer nationalen öffentlichen Dienstleistung oder eines tatsächlichen Monopols hat oder erlangt, muss Eigentum der Gemeinschaft werden.

Die Nation sichert dem Individuum und der Familie die zu ihrer Entfaltung notwendigen Bedingungen zu.

Sie sichert allen, vor allem den Kindern, den Müttern und den alten Arbeitern, den Schutz ihrer Gesundheit, materielle Sicherheit, Ruhe und Freizeit zu. Jeder Mensch, der wegen seines Alters, seines physischen oder geistigen Zustandes oder seiner wirtschaftlichen Lage arbeitsunfähig ist, hat das Recht, von der Gesamtheit angemessene Mittel für den Unterhalt zu bekommen.

Die Nation verkündet die gemeinschaftliche Verpflichtung und die Gleichheit aller Franzosen gegenüber den Belastungen, die aus nationalen Notständen herrühren.

Die Nation sichert dem Kinde wie dem Erwachsenen den gleichen Zutritt zum Unterricht, zur Berufsausbildung wie zur Bildung zu. Die Organisation des öffentlichen, kostenlosen und religionsneutralen Unterrichts in allen Stufen ist eine Pflicht des Staates.

Die Französische Republik, treu ihrer Überlieferung, richtet sich nach den Regeln des Völkerrechts. Sie wird keinen Krieg aus Eroberungsabsichten unternehmen und ihre Streitkräfte niemals gegen die Freiheit irgendeines Volkes wenden.

Unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit stimmt Frankreich den zur Organisation und zur Wahrung des Friedens notwendigen Begrenzungen seiner Souveränität zu.

Frankreich bildet mit den überseeischen Völkern eine Union, die ohne Unterschied der Rasse oder der Religion auf der Gleichheit der Rechte und Pflichten begründet ist.

Die Französische Union setzt sich aus Nationen und Völkern zusammen, die eine Gemeinschaft bilden und ihre Ressourcen und Anstrengungen verbinden, um ihre Zivilisationen gegenseitig zu entwickeln, ihren Wohlstand zu mehren und ihre Sicherheit zu wahren.

Treu seiner überlieferten Sendung beabsichtigt Frankreich die Völker, die es in ihre Obhut genommen hat, der Freiheit, sich selbst zu verwalten und ihre eigenen Angelegenheiten demokratisch zu ordnen, zuzuführen. Indem es jedes auf Willkür gegründete Kolonialsystem ablehnt, sichert es allen den gesetzlichen Zutritt zu öffentlichen Ämtern und die persönliche oder gemeinschaftliche Ausübung der oben verkündeten und bestätigten Rechte und Freiheiten zu.