Entscheidung

Entscheidung Nr. 2010-63/64/65 QPC vom 12. November 2010

Nationaler Dachverband CFTC der Metallgewerkschaften [Repräsentativer Charakter der Gewerkschaften]

Der Verfassungsrat ist am 21. September 2010 gemäß den von Artikel 61-1 der Verfassung vorgesehenen Voraussetzungen vom Kassationsgerichtshof (Sozialsenat, Beschlüsse Nr. 1947, 1948 und 1949 vom 20. September 2010) bezüglich der drei folgenden erhobenen vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit angerufen worden:

  • von Frau Katia P. und dem Nationalen Dachverband CFTC der Metallgewerkschaften erhobene Frage, welche die Frage der Vereinbarkeit der Artikel L. 2121-1, L. 2122-1 und L. 2122-2 des Arbeitsgesetzbuches mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat (Verfahren QPC Nr. 2010-63);

  • von Frau Laurence S. und der Nationalen Flugbegleiter-Gewerkschaft erhobene Frage, welche die Frage der Vereinbarkeit der Artikel L. 2121-1, L. 2122-1 und L. 2143-3 des Arbeitsgesetzbuches mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat (Verfahren QPC Nr. 2010-64);

  • vom Nationalen Berufsverband der praktischen Ärzte des Sozialversicherungswesens für Landwirte erhobene Frage, welche die Frage der Vereinbarkeit des Artikels L. 2122-2 des Arbeitsgesetzbuches mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat (Verfahren QPC Nr. 2010-65).

DER VERFASSUNGSRAT,

Unter Bezugnahme auf die Verfassung;

Unter Bezugnahme auf die geänderte gesetzesvertretende Verordnung Nr. 58-1067 vom 7. November 1958, Verfassungsergänzungsgesetz über den Verfassungsrat;

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verfassungsrates Nr. 2010-42 QPC vom 7. Oktober 2010, welche Artikel L. 2122-2 des Arbeitsgesetzbuches für verfassungsgemäß erklärt hat;

Unter Bezugnahme auf das Arbeitsgesetzbuch;

Unter Bezugnahme auf die Geschäftsordnung vom 4. Februar 2010 über das Verfahren vor dem Verfassungsrat bei vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit;

Unter Bezugnahme auf die für Frau Laurence S. und die Nationale Flugbegleiter-Gewerkschaft von der Rechtsanwaltskanzlei Ghestin, beim Staatsrat und beim Kassationsgerichtshof zugelassene Anwälte, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 12. Oktober 2010;

Unter Bezugnahme auf die für die Landwirtschaftliche Sozialversicherungskasse des Departements Maine-et-Loire von der Rechtsanwaltskanzlei Célice, Blancpain, Soltner, beim Staatsrat und beim Kassationsgerichtshof zugelassene Anwälte, eingereichten Stellungnahmen, eingetragen am 12. und am 27. Oktober 2010;

Unter Bezugnahme auf die für die Gesellschaft BRIT AIR von der Rechtsanwaltskanzlei Célice, Blancpain, Soltner, beim Staatsrat und beim Kassationsgerichtshof zugelassene Anwälte, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 12. Oktober 2010;

Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Premierministers, eingetragen am 13. Oktober 2010;

Unter Bezugnahme auf die für die Gewerkschaft CGT APAVE SUD EUROPE von Herrn RA Karim Hamoudi, Anwalt der Rechtsanwaltskammer von Paris, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 26. Oktober 2010;

Unter Bezugnahme auf die für den Nationalen Berufsverband der praktischen Ärzte des Sozialversicherungswesens für Landwirte, Frau Isabelle D. und Herrn Guy R. von der Rechtsanwaltskanzlei Wacquet, Farge, Hazan, beim Staatsrat und beim Kassationsgerichtshof zugelassene Anwälte, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 27. Oktober 2010;

Unter Bezugnahme auf die zu den Verfahrensakten gegebenen Unterlagen;

Nachdem Frau RAin Claire Wacquet für Frau D, Herrn R. und den Nationalen Berufsverband der praktischen Ärzte des Sozialversicherungswesens für Landwirte, Herr RA Damien Célice für die Gesellschaft BRIT AIR und die Landwirtschaftliche Sozialversicherungskasse des Departements Maine-et-Loire, sowie Herr Xavier Pottier, Beauftragter des Premierministers, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2010 gehört worden sind;

Nachdem der Berichterstatter gehört worden ist;

  1. In Erwägung dessen, dass die vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit zu einer gemeinsamen Entscheidung verbunden werden;

  2. In Erwägung dessen, dass Artikel L. 2121-1 des Arbeitsgesetzbuches lautet: „Der repräsentative Charakter einer Gewerkschaft wird von den folgenden, kumulativen Merkmalen bestimmt:
    „1o Achtung der republikanischen Werte;
    „2o Unabhängigkeit;
    „3o Finanzielle Transparenz;
    „4o Existenz seit mindestens zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Satzung in der Branche und in dem Bezirk, in denen die Gewerkschaft als Verhandlungspartei agieren will;
    „5o Gewicht der Gewerkschaft, welches je nach Verhandlungsebene gemäß den Vorschriften der Artikel L. 2122-1, L. 2122-5, L. 2122-6 und L. 2122-9 festgestellt wird;
    „6o Einfluss der Gewerkschaft, welcher insbesondere durch ihre Tätigkeit und Erfahrung zum Ausdruck kommt;
    „7o Mitgliedszahlen und Beitragsaufkommen.“

  3. In Erwägung dessen, dass Artikel L. 2122-1 des Arbeitsgesetzbuches bestimmt: „Gewerkschaften, welche die in Artikel L. 2121-1 festgelegten Voraussetzungen erfüllen sowie im ersten Wahlgang der letzten Betriebsratswahlen oder Wahlen für die Belegschaftsvertreter - unabhängig von der Anzahl der Wähler - mindestens 10 % der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen konnten, haben repräsentativen Charakter“;

  4. In Erwägung dessen, dass Artikel L. 2122-2 desselben Gesetzbuches vorschreibt: Gewerkschaften, die in ihrer Branche einem Gewerkschaftsbund auf nationaler Ebene angehören und die in Artikel L. 2121-1 festgelegten Voraussetzungen erfüllen, sowie im ersten Wahlgang der letzten Betriebsratswahlen oder Wahlen für die Belegschaftsvertreter - unabhängig von der Anzahl der Wähler - mindestens 10 % der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen konnten, haben repräsentativen Charakter für die Belegschaft eines Betriebs oder eines Unternehmens, in dem diese Gewerkschaften laut ihrer Satzung befähigt sind, Bewerber für besagte Wahlen aufzustellen“;

  5. In Erwägung dessen, dass Artikel L. 2143-3 dieses Gesetzbuches lautet: „Jede als repräsentativ geltende Gewerkschaft, die in einem Unternehmen oder einem Betrieb mit mehr als fünfzig Beschäftigten eine Gewerkschaftssektion eingerichtet hat, bestellt nach Maßgabe von Artikel L. 2143-12 einen oder mehrere Gewerkschaftsdelegierte, welche die Gewerkschaft gegenüber dem Arbeitgeber vertreten. Die designierten Personen müssen bei den letzten Betriebsratswahlen oder Wahlen für die Belegschaftsvertreter - unabhängig von der Anzahl der Wähler - im ersten Wahlgang mindestens 10 % der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt haben.
    „Befinden sich in dem Unternehmen oder dem Betrieb nicht mehr genügend weitere Kandidaten zu den Wahlen der Belegschaftsvertreter, die die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllen, kann eine als repräsentativ geltende Gewerkschaft aus dem Kreis der anderen Kandidaten oder, in Ermangelung solcher Bewerber, aus dem Kreis ihrer Mitglieder in dem Unternehmen oder dem Betrieb einen Gewerkschaftsdelegierten benennen.
    „Die Bestellung eines Gewerkschaftsdelegierten kann erfolgen, wenn im Verlauf der drei zurückliegenden Jahre die Belegschaft über einen zusammenhängenden oder nicht zusammenhängenden Zeitraum von zwölf Monaten fünfzig oder mehr Beschäftigte umfasste“;

  6. In Erwägung dessen, dass diese Artikel nach Auffassung der Antragsteller gegen die Koalitionsfreiheit, den Grundsatz der Mitwirkung der Beschäftigten bei der gemeinsamen Festlegung der Arbeitsbedingungen, sowie den Gleichheitssatz verstoßen;

  7. In Erwägung dessen, dass, erstens, wie bereits vom Verfassungsrat in seiner oben genannten Entscheidung vom 7. Oktober 2010 dargelegt, der Gesetzgeber die von den Absätzen 6 und 8 der Präambel der Verfassung von 1946 geschützten Grundsätze nicht verletzt hat, als er Kriterien für den repräsentativen Charakter einer Gewerkschaft definierte und dafür einen Schwellenwert von 10 % der unabhängig von der Anzahl der Wähler im ersten Wahlgang der Wahlen der Belegschaftsvertreter abgegebenen Stimmen festlegte; dass die Artikel L. 2121-1 und L. 2122-1 des Arbeitsgesetzbuches daher nicht verfassungswidrig sind;

  8. In Erwägung dessen, dass, zweitens, der Verfassungsrat in besagter Entscheidung vom 7. Oktober 2010 den Artikel L. 2122-2 des Arbeitsgesetzbuches, welcher für die Bestimmung des Gewichts einer Gewerkschaft in einer bestimmten Branche besondere Vorschriften einführt, für verfassungsgemäß erklärt hat; dass infolgedessen kein Anlass besteht, diesen Artikel erneut auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen;

  9. In Erwägung dessen, dass, drittens, der Artikel L. 2143-3, indem er den repräsentativen Gewerkschaften auferlegt, den Gewerkschaftsdelegierten vorrangig aus dem Kreis der Kandidaten auszuwählen, die bei den letzten Wahlen der Belegschaftsvertreter mindestens 10 % der Stimmen errungen haben, die Beschäftigten an der Bestellung der Personen beteiligt, die für am geeignetsten erachtet werden, die Interessen der Belegschaft in dem Unternehmen wahrzunehmen und in ihrem Namen Verhandlungen zu führen; dass der Gesetzgeber mit diesem Artikel die vom 6. Absatz der Präambel von 1946 geschützte Koalitionsfreiheit nicht verletzt hat;

  10. In Erwägung dessen, dass die Artikel L. 2121-1, L. 2122-1 und L. 2143-3 des Arbeitsgesetzbuches auch nicht gegen andere von der Verfassung verbürgte Rechte und Freiheiten verstoßen,

ENTSCHEIDET:

Artikel 1 - Es besteht für den Verfassungsrat kein Anlass, über die vom Kassationsgerichtshof bezüglich des Artikels L. 2122-2 des Arbeitsgesetzbuches vorgelegte vorrangige Frage zur Verfassungsmäßigkeit zu entscheiden.

Artikel 2 - Die Artikel L. 2121-1, L. 2122-1 und L. 2143-3 des Arbeitsgesetzbuches sind verfassungsgemäß.

Artikel 3 - Diese Entscheidung wird im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlicht und gemäß den Vorschriften des Artikels 23-11 der oben genannten gesetzesvertretenden Verordnung vom 7. November 1958 zugestellt.

Beschlossen durch den Verfassungsrat in seiner Sitzung vom 10. November 2010, an der teilgenommen haben die Damen und Herren Jean-Louis DEBRÉ, Präsident, Jacques BARROT, Claire BAZY MALAURIE, Guy CANIVET, Michel CHARASSE, Renaud DENOIX de SAINT MARC, Jacqueline de GUILLENCHMIDT, Hubert HAENEL und Pierre STEINMETZ.

Les abstracts

  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.9. DROITS CONSTITUTIONNELS DES TRAVAILLEURS
  • 4.9.1. Droits collectifs des travailleurs
  • 4.9.1.3. Liberté syndicale (alinéa 6 du Préambule de la Constitution de 1946)
  • 4.9.1.3.2. Liberté syndicale collective
  • 4.9.1.3.2.1. Liberté d'action du syndicat

En imposant aux syndicats représentatifs de choisir, en priorité, le délégué syndical parmi les candidats ayant obtenu au moins 10 % des suffrages exprimés au premier tour des dernières élections professionnelles, l'article L. 2143-3 associe les salariés à la désignation des personnes reconnues les plus aptes à défendre leurs intérêts dans l'entreprise et à conduire les négociations pour leur compte. En adoptant cet article, le législateur n'a pas méconnu le principe de la liberté syndicale énoncé par le sixième alinéa du Préambule de 1946.

(2010-63/64/65 QPC, 12 November 2010, cons. 9, Journal officiel du 13 novembre 2010, page 20238, texte n° 94)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.6. QUESTION PRIORITAIRE DE CONSTITUTIONNALITÉ
  • 11.6.5. Sens et portée de la décision
  • 11.6.5.1. Non-lieu à statuer

Par la décision n° 2010-42 QPC du 7 octobre 2010, le Conseil constitutionnel a déclaré conforme à la Constitution l'article L. 2122-2 du code du travail qui institue des règles particulières de calcul de l'audience des syndicats catégoriels. Par suite, il n'y a pas lieu de procéder à un nouvel examen de la constitutionnalité de cet article.

(2010-63/64/65 QPC, 12 November 2010, cons. 8, Journal officiel du 13 novembre 2010, page 20238, texte n° 94)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.7. Autorité des décisions du Conseil constitutionnel
  • 11.8.7.1. Hypothèses où la chose jugée est opposée
  • 11.8.7.1.1. Contentieux des normes
  • 11.8.7.1.1.4. Contentieux de l'article 61-1 (contrôle a posteriori)

Comme le Conseil constitutionnel l'a jugé dans sa décision n° 2010-42 QPC du 7 octobre 2010, en définissant des critères de représentativité des syndicats et en fixant un seuil de représentativité à 10 % des suffrages exprimés au premier tour des dernières élections professionnelles quel que soit le nombre de votants, le législateur n'a pas méconnu les principes énoncés aux sixième et huitième alinéas du Préambule de la Constitution de 1946. Par suite, les articles L. 2121-1 et L. 2122-1 du code du travail ne sont pas contraires à la Constitution.

(2010-63/64/65 QPC, 12 November 2010, cons. 7, Journal officiel du 13 novembre 2010, page 20238, texte n° 94)
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